Wer bezahlt den Integrationshelfer für Behinderte?
Eltern eines behinderten Kindes haben Anspruch auf Übernahme der Kosten für seine schulische Integration, ohne dafür ihr Einkommen und Vermögen einsetzen zu müssen.
Menschen gelten in unserer Gesellschaft als behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“ So beschreibt es das Sozialgesetzbuch (SGB IX). Ihnen stehen in unserer Gesellschaft Eingliederungshilfen zu. Mit ihnen sollen Behinderte weitgehend selbstbestimmt, gleichberechtigt und ohne Benachteiligungen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Näheres regeln die Sozialgesetzbücher, insbesondere SGB IX und XII.
Ein besonderes Augenmerk bei der Eingliederung liegt auf der Unterstützung von behinderten Kindern. Sie müssen in ihrer persönlichen Entwicklung gefördert werden, eine angemessene Schulbildung ist hierfür unabdingbar. Die gesetzlichen Regelungen sollen dafür sorgen, dass sie nach der Idee der Inklusion zusammen mit nichtbehinderten Kindern lernen, soziale Kontakte knüpfen und in die Gesellschaft integriert werden können. Es sollen alle Maßnahmen ergriffen werden, die geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern.
Ab einem bestimmten Grad der Behinderung ist die schulische Begleitung durch einen Integrationshelfer notwendig. Die Kosten für diese Betreuung soll nach SGB XII der Sozialhilfeträger übernehmen, und zwar einkommens- und vermögensunabhängig. In der Praxis kommt es jedoch darüber häufig zum Streit – in Zeiten klammer Kassen möchten die Kommunen offensichtlich auch hier sparen und die Übernahme eines wesentlichen Teils der Kosten den Eltern überlassen.
In einem uns vorliegenden Fall wurde den Eltern die Übernahme der Kosten für die Nachmittagsbetreuung ihres schulpflichtigen Kindes zunächst verweigert. Der schwerbehinderte Junge besuchte in Begleitung eines Integrationshelfers vormittags den regulären Schulunterricht einer Grundschule. Die Betreuungskosten dafür wurden übernommen, da es sich nach SGB XII um die „Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung“ handelt. Die Teilnahme an der Nachmittagsbeschäftigung der Offenen Ganztagsschule (OGS) sollten die Eltern aber aus eigener Tasche zahlen. Auch hier wurde der Integrationshelfer gebraucht, die Kosten für seinen Einsatz wollte der Sozialhilfeträger nicht übernehmen. Er argumentierte, dass keine schulrechtliche Pflicht zur Teilnahme an der OGS bestehe. Zudem handle es sich bei der nachmittäglichen Betreuung durch den Integrationshelfer um eine „Hilfe zum Leben in der Gemeinschaft“. Diese ist gesetzlich zuzahlungspflichtig, während die Hilfen zur angemessenen Schulbildung einkommens- und vermögensunabhängig gewährt werden.
Die Eltern klagten – und erhielten recht. Das zuständige Sozialgericht verpflichtete den Träger zur Übernahme auch der Kosten für die Nachmittagsbetreuung. In seinem Urteil sah es die schulische Bildung als elementaren Bestandteil des Konzepts der OGS an. Eine verpflichtende Teilnahme existiere bislang deshalb noch nicht, weil sich die OGS als Schulmodell noch in der Aufbauphase befinde. Die Nachmittagsbeschäftigung gehöre zum Konzept der neuen Lernkultur und sei deshalb Teil des schulischen Gesamtkonzepts.
Überdies: Hätten die Eltern mit ihrem durchschnittlichem Einkommen die Kosten für den Integrationshelfer anteilig selbst übernehmen müssen, wären sie finanziell auf Sozialhilfeniveau gefallen. Faktisch hätte die Nichtübernahme dann wohl einen Aussschluss des behinderten Jungen von der Nachmittagsbeschäftigung bedeutet, an der alle seine Klassenkameraden teilnahmen. Den Schultag nicht im Klassenverband verbringen zu können, hätte ihn deutlich diskriminiert. Laut Gericht ist es aber der Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, „gerade dem jungen, behinderten Menschen zu ermöglichen, seinen optimalen Platz im Leben in der Gemeinschaft zu finden“.
Wenn auch Sie die Verweigerung einer Übernahme der Kosten für die Betreuung ihres behinderten Kindes befürchten müssen oder bereits einen entsprechenden Bescheid erhalten haben, sind wir für Sie da. Als im Sozialrecht erfahrene Fachanwälte können wir dafür sorgen, Ihrem Kind die so dringend notwendige schulische und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.