Merkzeichen G auch bei psychisch bedingter Gehstörung

Bewe­gungs­stö­run­gen kön­nen vie­le Ursa­chen haben. Oft sind sie kör­per­lich begrün­det (Krank­heit, Unfall). Sie kön­nen aber auch see­li­sche, vor allem psy­cho­so­zia­le Hin­ter­grün­de haben. Das ist häu­fi­ger als man denkt aber sehr schwie­rig nach­zu­wei­sen. Wenn aber fest­steht, dass sich die psy­chi­sche Stö­run­gen erheb­lich auf das Geh­ver­mö­gen aus­wir­ken, kön­nen Betrof­fe­ne unter Umstän­den Anspruch auf das Merk­zei­chen G in ihrem Schwer­be­hin­der­ten­aus­weis haben. So die Ent­schei­dung des Bun­des­so­zi­al­ge­richt (BSG) vom 11. August 2015 (Az.: B 9 SB 1/14 R).

In dem ent­schie­de­nen Fall litt die Klä­ge­rin am soge­nann­ten Fibro­my­al­gie-Syn­drom. Dabei ver­spü­ren Betrof­fe­ne teils star­ke Mus­kel­schmer­zen am Rücken, Nacken und auch Armen und Bei­nen. Bei der mit einem Grad von 50 schwer­be­hin­der­ten Klä­ge­rin wirkt sich die Erkran­kung unmit­tel­bar auf das Geh­ver­mö­gen aus. Sie bean­trag­te die Zuer­ken­nung des „Merk­zei­chens G“ in ihrem Schwer­be­hin­der­ten­aus­weis. Die sozi­al­me­di­zi­ni­sche Begut­ach­tung kam zu dem Ergeb­nis, bei der Klä­ge­rin wer­de die Schmerz­wahr­neh­mung „durch psy­cho­ge­ne Pro­zes­se deut­lich ver­stärkt“. Fol­ge sei, dass sie nicht inner­halb von 30 Minu­ten zwei Kilo­me­ter Weg­stre­cke zu Fuß zurück­le­gen kön­ne. Der zustän­di­ge Ver­sor­gungs­trä­ger lehn­te die Ertei­lung des Merk­zei­chens G den­noch ab. Die Klä­ge­rin sei ledig­lich davon über­zeugt, dass sie in ihrer Geh­fä­hig­keit ein­ge­schränkt sei. Das BSG urteil­te dage­gen, dass die Klä­ge­rin Anspruch auf Fest­stel­lung des Merk­zei­chens G habe. Ihre psy­chi­sche Behin­de­rung und die damit ein­her­ge­hen­de Schmerz­pro­ble­ma­tik wir­ke sich unmit­tel­bar auf ihr Geh­ver­mö­gen aus. Sie sei auf­grund ihrer Fibro­my­al­gie nicht fähig, inner­halb von 30 Minu­ten zwei Kilo­me­ter zu Fuß zurückzulegen.

Aller­dings dür­fe der Ver­ord­nungs­ge­ber für Fäl­le bei psy­chi­schen Geh­be­hin­de­run­gen stren­ge­re Maß­stä­be für die Ertei­lung des Merk­zei­chens G anle­gen. So kön­ne er bei­spiels­wei­se einen Grad der Schwer­be­hin­de­rung von 70 ver­lan­gen. Dies wur­de vom Gesetz­ge­ber aller­dings bis­her nicht umgesetzt.