Deckelung der Unterkunftskosten für Hartz 4 im Landkreis Görlitz rechtswidrig

Das SG Dres­den hat mit Urteil vom 19. Janu­ar 2017 (S 45 AS 380/16) ent­schie­den, dass die Decke­lung der Unter­kunfts­kos­ten für Hartz IV-Emp­fän­ger im Land­kreis Gör­litz rechts­wid­rig ist. Das Kon­zept des Land­krei­ses Gör­litz ist nicht schlüs­sig im Sin­ne der Recht­spre­chung des BSG. Die Decke­lung der Unter­kunfts­kos­ten für „Hartz IV“-Empfänger in die­sem Land­kreis sei daher unwirk­sam, so das SG Dresden.

Das Ver­fah­ren betraf eine 53 Jah­re alte allein­er­zie­hen­de Mut­ter mit ihrer inzwi­schen 16 Jah­re alten Toch­ter. Sie waren 2015 in Gör­litz in eine Zwei-Raum-Woh­nung gezo­gen, für die sie 330 Euro Brut­to­kalt­mie­te (Grund­mie­te + kal­te Betriebs­kos­ten) zu zah­len hat­ten. Sie bezo­gen Arbeits­lo­sen­geld II als Auf­sto­cker. Das Job­cen­ter Land­kreis Gör­litz hat­te die Unter­kunfts­kos­ten gemäß sei­ner Ver­wal­tungs­vor­schrift auf 296,10 Euro gekürzt. Die Klä­ge­rin­nen wand­ten sich an das Sozialgericht.

Die Kla­ge war erfolg­reich. Das SG Dres­den hat das Job­cen­ter Land­kreis Gör­litz zur Über­nah­me der vol­len Unter­kunfts­kos­ten i.H.v. 330 Euro zuzüg­lich Heiz­kos­ten verurteilt.

Nach Auf­fas­sung des Sozi­al­ge­richts ist hier­bei die Recht­spre­chung des BSG zum sog. „schlüs­si­gen Kon­zept“ her­an­zu­zie­hen. Dem­nach dür­fe das Job­cen­ter die Unter­kunfts­kos­ten deckeln, wenn es im ört­li­chen Ver­gleichs­raum die Kos­ten für eine ein­fa­che Woh­nung ermit­telt habe. Hier­bei sei­en reprä­sen­ta­ti­ve und vali­de Daten zu erhe­ben und nach mathe­ma­tisch-sta­tis­ti­schen Grund­sät­zen aus­zu­wer­ten. Das Sozi­al­ge­richt bean­stan­det, dass der Land­kreis Gör­litz zwar die Kos­ten der Woh­nun­gen von Grund­si­che­rungs­emp­fän­gern erho­ben habe. Aller­dings habe er hier­von nur die 50% preis­güns­tigs­ten Woh­nun­gen in die Sta­tis­tik ein­flie­ßen las­sen. Hier­für habe das Sozi­al­ge­richt kei­ne nach­voll­zieh­ba­re Begrün­dung fin­den kön­nen. Fer­ner habe der Land­kreis Gör­litz Daten von Woh­nungs­an­ge­bo­ten erho­ben. Die Aus­wer­tung die­ser Daten habe er aller­dings nicht offen gelegt. Auch die Her­an­zie­hung von nur 40% der güns­tigs­ten Woh­nun­gen bei Zusam­men­füh­rung der bei­den Daten­sät­ze von Ange­bots- und Bestands­mie­ten habe der Land­kreis nicht aus­rei­chend begründet.

Fer­ner habe das Sozi­al­ge­richt bei der Prü­fung der Ver­füg­bar­keit von Woh­nun­gen zu den vom Land­kreis ermit­tel­ten Kos­ten die Berech­nung nicht nach­voll­zie­hen kön­nen. Hier­bei prü­fe der Land­kreis, bis zu wel­chem Wert die teu­ers­ten Bestands­mie­ten durch güns­ti­ge­re Ange­bots­mie­ten zu erset­zen sei­en. Der Land­kreis habe jedoch weder die Ver­dopp­lung der Ange­bots­da­ten noch die Beschrän­kung des Krei­ses der Woh­nungs­su­chen­den auf Grund­si­che­rungs­be­zie­her anhand von Daten­ma­te­ri­al plau­si­bel gemacht. Aus Sicht des Sozi­al­ge­richts sei kei­ne Nach­bes­se­rung des Kon­zepts des Land­krei­ses Gör­litz mög­lich gewe­sen. Daher dür­fen die Unter­kunfts­kos­ten nur ent­spre­chend der Tabel­le zu § 12 Wohn­geld­ge­setz zuzüg­lich 10% gede­ckelt wer­den. Der Wert betra­ge in Gör­litz ab 2016 für einen Zwei­per­so­nen­haus­halt 415,80 Euro.

Das Urteil ist nicht rechts­kräf­tig. Der Land­kreis Gör­litz hat gegen das Urteil Beru­fung beim LSG Chem­nitz eingelegt.

Quel­le: Pres­se­mit­tei­lung des SG Dres­den Nr. 9/2017 v. 26.06.2017